Nachdem in der Diskussion vermehrt behauptet worden ist, dass unser Modell den Mittelstand schröpft, wollen wir doch mal genau hinschauen.
Zu der Frage, was dieser Mittelstand jetzt genau sein soll, habe ich einfach mal die Zahlen aus http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelschicht#Beispiel genommen und mittels http://www.brutto-netto-rechner.info/ ein Brutto-Einkommen grob angenähert; ich habe jetzt mal die Kirchensteuer raus genommen, ansonsten Standardeinstellungen. Wir rechnen das Modell jetzt mal anhand der folgenden Beispiele durch, alles sozialversicherungspflichtig
Single, Brutto-Einkommen 24.000,- Euro.
Netto jetzt: 16.202,69 €
Netto nach Modell: 16283,75
24.000,- * 0,45 = 10.800,-
+ 12,5 * 438,70 = 5.483,75 BGE
Plus 81,06 Euro
Single plus Kind, Brutto-Einkommen 32.000,- Euro
Netto jetzt: 20.639,68 €
+ Kindergeld 2.208,-, gesamt also 22.847,68 Euro
Netto nach Modell: 25.367,50 Euro
32.000,- * 0,45 = 14.400,-
+ 2 * 12,5 * 438,70 = 10.967,50 BGE
Plus 2.519,82 Euro
Paar ohne Kinder, Brutto-Einkommen 33.000,- Euro
Netto jetzt: 23.843,25 €
Netto nach Modell: 25817,50 Euro
33.000,- * 0,45 = 14.850,-
+ 2 * 12,5 * 438,70 = 10.967,50 BGE
Plus 1.974,25 Euro
Paar mit 1 Kind, Brutto-Einkommen 42.000,- Euro
Netto jetzt: 29.057,50 €
+ Kindergeld 2.208,-, gesamt also 31.265,50 Euro
Netto nach Modell: 35.351,25 Euro
42.000 * 0,45 = 18.900,-
+ 3 * 12,5 * 438,70 = 16.451,25 BGE
Plus 4085,75 Euro
Paar mit 2 Kindern, Brutto-Einkommen 50.000,- Euro
Netto jetzt: 33.901,14 €
+ Kindergeld 4.416,-, gesamt also 38.317,14 Euro
Netto nach Modell: 44.425,00 Euro
50.000 * 0,45 = 22.500,-
+ 4 * 12,5 * 438,70 = 21.935,00 BGE
Plus 6.107,86 Euro
(Anmerkung: Ich habe jetzt mit den BGE-Zahlen von 2009 und nicht von 2011 gerechnet, insgesamt fällt also das BGE noch ein klein wenig höher aus, dafür haben wir aber auch noch eine kleine Preissteigerung durch einen Prozentpunkt mehr Mehrwertsteuer…)
Fazit: Dass der Mittelstand geschröpft wird, geben die Zahlen nicht her.
Insgesamt verhält sich das Modell so, dass bei den unteren und mittleren Einkommen die Singles nicht schlechter gestellt werden und die Familien profitieren. Finanziert wird dies vor allem dadurch, dass “Steuersparmodelle” gestrichen werden. Besserverdiener, die jetzt schon voll ihre Steuern bezahlen, werden nur sehr behutsam stärker belastet.
Nehmen wir einmal
Gehalt 24.000 Euro jährlich
Nach Abzug der Lohnsteuer und des Solidaritätszuschlages bleiben dem Single, keine Kinder von 24.000 ganze (sprich Lohn nach Steuern) 21.206,36 Euro, bei Deinem Rechner verleiben ihm aber nur 16.202.69 Euro. Das verstehe wer will. Solltest Du bei obigen Beispiel die Sozialabgaben mit eingerechnet haben (dann würde ich auch diese Summe kommen), dann frage ich mich, wo diese bei Deinem Modell in der unteren Rechnung geblieben sind.
Rechnung:
Brutto: 24.000, keine Kinder, Single
Lohnsteuer: 2.648,00
Solidaritätszuschlag 145,65 Euro
—> Lohn nach Steuern: 21.206,36 das ist erheblich weniger als Deine 16283,75 Euro.
Dabei sind in Deinem Modell noch nicht einmal das 13. Monatsgehalt oder sonstige Versorgungsbezüge, Aufschläge etc. eingerechnet – vom Lohnsteuerjahresausgleich, der bei entsprechernder Fachkompetenz gut und gerne zwischen 4000 – 8000 Euro liegen kann – will ich erst gar nicht anfangen!
Lassen wir die weiteren Vergütungen mal außer acht (was zwar realitätsverzerrend ist – aber sei es drum), macht erst die Familie mit Kindern ein kleines Plus aus.
Rechnung:
50.000 Euro Netto, verheiratet, 2 Kinder
Lohnsteuer: 6.192,00
Soli: 120 Euro
Lohn nach Steuern: 43.687,60 (ohne Lohnsteuerjahresausgleich!)
In Deinem obigen Modell würde die Familie tatsächlich ein wenig mehr bekommen: 44.425,00 Euro
Soll heißen: Wer also nicht gewaltig draufzahlen will, muss eine gewaltige Anzahl von Kindern in die Welt setzen, die aber gleichzeitig wieder Kosten und den vermeindlichen Gewinn wieder aufschmelzen. Im übrigen würde diese Ungleichbehandlung von BVerfG sehr schnell kassiert werden.
Derjenige der 50.000 Euro als Single ohne Kinder verdient würde jetzt beim Lohn nach Steuern 39.416,24 bekommen (blieben noch die Sozialabgaben,). Bei Deinem Modell würde er:
(50.000 * 0,45 = 22.500,-) +(12,5 * 438,70 = 5.483,75 BGE) = 27.983,75 (ohne Sozialabgaben).
Ich bleibe also dabei: Die Mittelschicht wird bei diesem Modell gewaltig geschröpft. Klar, woher soll das Geld auch kommen? Bei den ganz kann man ja nicht kassieren, weil die ja angeblich sonst Steuerflucht begehen und die Mittelschicht kann ja nicht mal eben ihre Kohle verschieben. Deswegen: Bleib das BGE an einer Falt-Tax gekoppelt, war es das für mich.
Aber das hatte ich ja schon im anderen Blogg erwähnt.
1.) Ja, das ist alles inkl. Sozialversicherungsbeiträge.
Beispielhaft der Single ohne Kinder gerechnet, Brutto-Einkommen 24.000,- Euro.
Netto jetzt: 16.202,69 € (inkl. Sozialabgaben)
Netto nach Modell:
Brutto 24.000,- Euro
– 45% Flat Tax 10.800,-
– 10% Arbeitnehmerbeiträge 2.400,-
24000 – 10800 – 2400 = 10800
Oder anders herum gerechnet:
24.000,- * 0,45 = 10.800,-
(Nach 45% Flat und 10% Arbeitnehmerbeiträge, also 55% Abzüge, verbleiben Dir 45%, also Bruttoeinkommen mal 0,45)
10.800,- Netto
+ 12,5 * 438,70 = 5.483,75 BGE
= Netto nach Modell: 16283,75, somit Plus 81,06 Euro
2.) Rechnen wir auch noch mal den Single ohne Kinder mit 50.000,- Euro
Netto jetzt: 29.479,74 € (nach Steuern und Sozialabgaben)
Netto nach Modell: 27983,75
50.000,- * 0,45 = 22.500,-
+ 12,5 * 438,70 = 5.483,75 BGE
Minus 1495,99 Euro
(Dieser Single wäre auch schon gerade nicht mehr Mittelschicht, sondern Oberschicht. Wobei man bei genauem Nachrechnen feststellen würde, dass Mittelschicht-Singles, die einkommensmäßig im oberen Bereich der Mittelschicht liegen, auch schon schlechter gestellt werden.)
3.) Es ist richtig beobachtet, dass dieses Modell von den Singles zu den Familien hin umschichtet. Vor dem Hintergrund, wie derzeit Familien ausgebeutet werden (die Kosten für die Kindererziehung ist Privatsache, der Ertrag in Form der dann gezahlten Beiträge für das Rentensystem wird schlanker Hand vergesellschaftet), und vor dem Hintergrund desseb, was die Demographen etwas uncharmant “Reproduktionsrate” nennen, ist das meiner Meinung nach der richtige Ansatz.
Das stimmt doch wieder vorne und hinten nicht, weil bei Deinem Modell wieder keinerlei Sozialabgaben eingerechnet sind!
Bei dem Einkommen von 24.000 Euro verbleiben dem Arbeitnnehmer nach allen Abzügen 16.202,69 €.
Bei Deinem Modell:
Brutto 24.000,- Euro
– 45% Flat Tax 10.800,-
– 10% Arbeitnehmerbeiträge 2.400,-
24000 – 10800 – 2400 = 10800
10.800,- Netto
+ 12,5 * 438,70 = 5.483,75 BGE
= Netto nach Modell: 16283,75, somit Plus 81,06 Euro
fehlen sämtliche Sozialabgaben. Wenn Du die nämlich abziehen würdest (wie Du es beim derzeitigen Lohn tust), wäre Pustekuchen mit deinen Angeblichen 81,06 Euro Gewinn, sondern genau an diesem Punkt würde sich das gewaltige Minus auftun.
Du vergleichst einmal einen Nettolohn mit allen Abzügen mit einem nach Deinem Modell Lohn nach Steuern und keinen endgültigen Nettolohn – glaubst Du ernsthaft, dass merkt niemand?, wie Du hier versuchst Dir die Zahlen zurecht zu biegen?
Deine Rechnung ist einfach nur manipulativ!
Entweder Du vergleichst nur Lohn nach Steuern oder aber nur den reinen Nettolohn, beides nach Gusto zuvermengen ist schlicht und ergreifend unredlich – aber die Zahlen müssen sich ja zurechtgebogen werden!
Zum 3. Punkt: Wenn Du Familien besser stellen willst (ich habe übrigens selber Kinder), musst Du eine Grundgesetzänderung vornehmen. Du kannst nicht einfach davon ausgehen, was Du gerne möchtest oder was wünschenswert wäre, sondern von dem was gesetzlich möglich ist. Deswegen würde das BVerfG dieser extremen Benachteiligung von Kinderlosen entsprechend kassieren.
1.) “weil bei Deinem Modell wieder keinerlei Sozialabgaben eingerechnet sind!” Was sollen denn “10% Arbeitnehmerbeiträge” anderes sein?
Also: Sozialabgaben sind derzeit Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung.
Kranken- und Pflegeversicherung werden nach diesem Modell künftig aus Steuern bezahlt (ja, das ist im Finanzierungskonzept bereits berücksichtigt). Für Arbeitslosen- und Rentenversicherung fallen zusammen 20% Beiträge an, die paritätisch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen werden, macht für den Arbeitnehmer 10% vom Brutto, und das sind diese 10%, die da als Arbeitnehmerbeiträge drin stehen. Sie sind somit berücksichtigt.
2.) Zum Thema “Besserstellung der Familien”: Für was sollte da eine Grundgesetzänderung erforderlich sein? Welcher Artikel soll da wie geändert werden?
Als kleine Denkanregung: Alle haben denselben Steuersatz, alle bekommen dasselbe Grundeinkommen, exakter kann man den Gleichheitsgrundsatz Art 3 GG nicht umsetzen…
Und: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates (Art 6), Singles nicht.
Ah liebe Leute, bitte hört auf euch immer die Verfassungswidrig-Keule um die Ohren zu hauen. Das ist aus einer Vielzahl von Gründen nicht zielführend.
Die Verfassung als Keule zu benutzen, ist in der Tat verfehlt, sie aber zu ignorieren, ist es auch.
Letztendlich geht es ja bei der Verfassungsdiskussion immer auch um die Frage nach den Werten, die eine Gesellschaft haben will, und diese Diskussion ist extrem sinnvoll.
Art. 3 wird hier aus meiner Sicht falsch interpretiert, wenn er im Sinne eines Flat-Tax-Systems gesehen wird. Die Rechtssprechung des BVerfG hat das ja gerade anders interpretiert, nämlich das Gleichheit das Recht bedeutet, gleiche Lebensbedingungen trotz großer Gehaltsunterschiede zu haben, weswegen höhere Einkommen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden müssen. Schließlich ist dieses höhere Einkommen ja auch nicht immer durche eine entsprechend höhere individuelle Leistung erarbeitet.
Zur Klarstellung sei aber auch gesagt: Die Steuerkurve in diesem Modell ist durch die Kombination von BGE und Flat-Tax progressiv, kann also wohl schon Art. 3 GG erfüllen. Allerdings ist die entstehende Progression zumindest für Singles deutlich steiler, als der bisherige Steuertarif, was ein Arbeitsanreizproblem erzeugt. Hier hilft der Hinweis auf die Besserstellung von Hartz-IV-Empfänger nichts, denn das trifft den arbeitenden und nicht aufstockenden Single ja nicht.
Was wohl aber nicht an dem Modell mit Art. 3 vereinbar ist, ist die Abschaffung sämtlicher Freibeträge in der Besteuerung, die ja teilweise aus der Rechtssprechung des BVerfG erst entstanden sind. So kommen wir einfach nicht daran vorbei, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht besteuert werden dürfen.
Ein tragfähiges Modell muss eindeutig verfassungskonform sein.
Hier ein Vergleich Netto jetzt zu Sozialstaat 3.0 :
http://bgelog.files.wordpress.com/2012/01/bge-nettovergleich.xlsx
Ich wollte gerade mal ein paar Beispiel Steuerkurven erstellen, aber wundere mich doch wie Ihr hier gerechnet habt. Wenn man den zu versteuerten Betrag mit 0,45 multipliziert kommt man doch auf die abzuführende Steuer und nicht auf das Nettoeinkommen??? Oder ist die Flat Tax hier 55%?
Alles klar, habe verstanden, dass es mit der Sozialversicherung zu tun hat. Ich habe schon ein paar Steuerkurven berechnet, und es ist verwunderlich, dass BGE für einen Singel bis zu einen Arbeitnehmerentgeld von 10.000€ mehr vom Gehalt übrig lässt, als in 2007 den Arbeitnehmern geblieben ist. Das lässt sich dann nicht mehr mit dem Schließen von Steuerschlupflöchern erklären. Ich denke das eines der Probleme die Rente ist, welche ja für die Meisten sehr stark absinken würde. Man müsste in Modellrechnungen daher einen fixen Rentenbetrag benutzen, der ungefähr auf eine Rente auf Grundeinkommensniveau hinauslaufen würde. Die ganzen 19,6% kann man gerade für Besserverdiener ja nicht einfach abziehen, da Sie die ja benötigen um privat vorzusorgen.
Gruß
Ich habe noch einmal euern Vorschlag gründlich gelesen, und bemerkt dass Ihr ja nur die Krankenversicherung über Steuern finanzieren wollt. Da muss ich nochmal nachrechnen… Kann ich meine alten Kommentare wieder löschen? 🙂
Vereinfachung der Regeln ist prinzipiell ja begrüßenswert. Allerdings haben wir es jetzt schon so, dass alle! bei einem Spitzensteuersatz um 50% auf Teufel komm raus ihre Einnahmen zu drücken versuchen. Hier sind die Selbständigen klar im Vorteil, was die kreativen Möglichkeiten angeht, Betriebsausgaben geltend machen zu können, die auch zur Anhebung des privaten Lebensstandards dienen. Das Nachsehen haben die abhängig Beschäftigten in den unteren Lohngruppen zumindest dürfte es zu einer gefühlten Benachteiligung bei dieser Gruppe kommen. Es ist mit einem erhöhten Anteil an Schwarzarbeit zu rechnen, weil der Anreiz hoch ist.