Auf dem Bundesparteitag in Offenbach haben die anwesenden Mitglieder der Piratenpartei Deutschland den Antrag PA 284 – Bedingungsloses Grundeinkommen und Mindestlohn – mit knapper Zweidrittelmehrheit angenommen.
Zuersteinmal: Ich bin zwar formal der Antragsteller, habe den Antrag aber aus der Vorlage von Georg Jähnig kopiert und lediglich – analog der Wahlprogramm-Forderung der Berliner Piraten, mit der kurzfristigen Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn ergänzt. Meine politische Intuition sagte mir, dass diese Dinge zusammengehören, und sich entsprechend der erfolgreichen Berliner Strategie ideal ergänzen.
Ich bin froh, dass der Antrag angenommen wurde. Nicht froh bin ich um das knappe Ergebnis. Direkt nach der Abstimmung habe ich die Piraten, die für den Antrag gestimmt haben, darum gebeten, sich bewusst zu machen, dass wir ein knappes Drittel der Mitglieder überstimmt haben. Es liegt nun in den Händen derer, die für den Antrag gestimmt haben, ihre bislang skeptischen Mitpiraten mit ins Boot zu holen. Darunter sind auch zahlreiche Piraten – auch einige Mitglieder der Sozialpiraten -, die für ein Grundeinkommen sind, die aber die Kombination der Idee mit den Elementen Mindestlohn, Enquetekommission und Volksabstimmung als Verwässerung abgelehnt und deshalb gegen den Antrag gestimmt haben.
Ich bin im Gegensatz zu ihnen sehr froh, dass von den zahlreichen eingebrachten Grundeinkommensanträgen einer der beiden Anträge zur Abstimmung kam, der die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens unter die Bedingung einer Volksabstimmung stellt. Diese Wahlprogrammforderung können auch Piraten vertreten, die selbst vom Konzept eines BGE bislang nicht überzeugt sind.
Ein Pirat, der am Infostand kritischen Fragen zum Grundeinkommen gegenübersteht, und diesen ersteinmal nichts entgegnen kann oder will, kann schlicht und einfach erklären, dass auch er der Meinung ist, dass dieses Thema noch nicht zu Ende diskutiert ist, und dass wir darüber noch einen längeren gesellschaftlichen Dialog führen sollten. Außerdem kann er erklären, dass wir Piraten für direkte Demokratie stehen. Daher fordern wir in unserem Wahlprogramm eine gesellschafliche Diskussion, unterstützt von einer Enquete-Kommission, und schließlich eine Volksabstimmung zum Thema. Dann kann er, wenn er will, erklären, was ein Präferenzwahlverfahren ist.
Währenddessen ist es die Aufgabe derer, die für den Antrag gestimmt haben, die parteiinterne Meinungsblidung zum Thema voranzubringen. Dazu werde ich in den nächsten Tagen unter anderem einen gesonderten Blogpost veröffentlichen, der auf die drei großen Standardeinwände: wer soll das bezahlen? – dann geht doch keiner mehr arbeiten! – müssten wir dann nicht alle Grenzen dichtmachen? – Antworten gibt. Ich habe hier in Offenbach einige Piraten getroffen, die mir gesagt haben, dass sie sich über den Antrag freuen, dass sie ihn vor einem Jahr allerdings noch abgelehnt hätten. Inzwischen haben sie sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, und erkennen nun, dass ein Grundeinkommen die konsequente Umsetzung des Prinzips „Freiheit statt Angst“ in der Arbeitsmarktpolitik ist.
Teile der Presse titeln nun: Piraten rücken nach links. Dies ist nicht der Fall. Die russische Piratin Lola Voronina, Generalsekretär der Pirate Party International, sagte in ihrem brillianten Redebeitrag: „We are better at liberty than those who previously called themselves liberals, and we’re better at equality than those who previously called themselves socialists.“ In der SZ bringt es Hannah Beitzer – im Gegensatz zur Mehrheit ihrer Kollegen, die das Links-Rechts-Schema nicht verlassen wollen – so auf den Punkt: „Grundeinkommen ist nicht links, sondern notwendig.“
Sozialliberal zu sein, heißt nicht, links zu sein. Linkspartei und SPD sind gegen ein Grundeinkommen, nicht weil sie sich als unsozial verstehen, sondern weil sie einen linken Arbeitsbegriff vertreten, bei dem Arbeit einseitig als Erwerbsarbeit definiert wird. Der Arbeitsbegriff, der in der Idee des Grundeinkommen enthalten ist, ist wesentlich weiter, weil er ein liberaler Arbeitsbegriff ist.
Zwar hat das Grundeinkommen soziale Auswirkungen, und die Fokussierung auf diesen Einzelaspekt kann verständlicherweise zu dem Fehlschluss führen, das Grundeinkommen sei ein linkes Projekt. Doch die sozialpolitischen Elemente sind nur ein Teilaspekt. Das Grundeinkommen ist genauso ein marktwirtschaftliches Projekt, weil es den Arbeitssuchenden unabhängig macht und damit einen fairen Arbeitsmarkt stärkt. In allererster Linie jedoch ist das bedingungslose Grundeinkommen ein liberales Projekt, weil es die Freiheit des Einzelnen vor staatliche Bevormundung stellt. Damit ist es ein Kernthema der Piraten, seit gestern auch offiziell.
Das Positive an der Annahme des Antrags ist eben, dass dadurch das Thema BGE jetzt diskutiert werden MUSS. Und das gilt sowohl innerparteilich (womit das Thema Sozialpolitik aus ihrem Nischendasein bei den Piraten befreit wird), als auch auf andere Parteien bezogen (bereits mehrere Medien haben schon in Artikeln geschrieben, dass die Etablierten jetzt unter Zugzwang stehen), als auch – und das finde ich am wichtigsten – in der Gesellschaft.
Und – ganz piratig – finde ich, dass gerade ausgiebige Diskussionen den essenziellen Motor für die Erarbeitung und Verbesserung von Strategien und Konzepten darstellen.
Außerdem muss etwas wie das BGE, das ja die gesamte Gesellschaft und unser Verständnis von Gesellschaft und Arbeit revolutionieren wird, auch von einem Großteil bzw. idealerweise von der gesamten Bevölkerung getragen werden.
Deswegen – der Antrag ist angenommen: die eigentliche Arbeit fängt jetzt erst an.
Mein Aufruf: regt Diskussionen bei Stammtischen an, diskutiert das Thema (auch ausführlich) mit Leuten an Infoständen, stellt Vorträge und Podiumsdiskussionen auf die Beine!
Hallo Aleks!Bin etwas irritiert. In dem Artikel Treffen der Sozialpiraten in Nfcrnberg heidft es “Rechts auf shrceie Existenz und gesellschaftliche Teilhabe” He4? Soll wohl heidfen RECHT auf nehm ich mal an. Ansonsten he4tte ich noch ein Vorschlag ffcr euer Programm. Jeden Arbeitgeber in Deutschland (Europa) dazu verpflichten, seinen Mitarbeitern te4glich ein 20-30 Min. Sport-, Gymnastik, irgendwie Bewegungsprogramm anzubieten. In Anbetracht der Volkskrankheit Nr. 1 Rfcckenschmerzen sicher sinnvoll. Und wer nicht will oder kann, zahlt pauschal an die Krankenkasse oder muss sich an den medizinischen Kosten beteiligen, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner Arbeit erkrankt. We4r doch ne Idee. Grfcdfe Chris