Verpasste Chancen: Die Ampel und die Kindergundsicherung
Im diesem Folgebeitrag zu „Kein Zeitpunkt fürs Bedingungslose
Grundeinkommen?“ geht es um die verpassten Chancen der Ampel hinsichtlich
echter Fortschritte in der Sozialpolitik. In ihrem Koalitionsvertrag hatte
die Ampel zwei Innovationen im Sozialen angesetzt: das Klimageld und die
Kindergrundsicherung. Beides hätte sogar ein Aufbruch in Richtung BGE sein
können, ohne dass die Ampel dies wirklich beabsichtigt hätte.
Wenden wir uns zuerst der Kindergrundsicherung zu. Die Hoffnung der
Sozialverbände zur Kindergrundsicherung war, eine ernstgemeinte Bekämpfung
der Kinderarmut durch die Politik. Schließlich decken das Kindergeld,
Kinderzuschlag und der Bildungs- und Teilhabepakt zusammen den Grundbedarf
eines Kindes nicht ab. Selbst der maximale Kinderfreibetrag ist nicht
ausreichend (max. 368Euro). Dafür braucht es eine erheblichen Bürokratieaufwand.
Zusammenfassend ist die Kritik an der aktuellen Lage zu niedrig, zu
kompliziert und zu bürokratisch. Die Kindergrundsicherung sollte dies lösen.
Diverse Verbände wie z.B. das Kinderhilfswerk, AWO, ASB oder der
Partitätische Gesamtverband oder gründeten das Bündnis Kindergrundsicherung [1].
Deren Modell soll das sächliche Existenzminumum von 532Euro als unbürokratische Leistung
garantieren (Stand 2023). Dazu soll ein Freibetrag von 244 Euro für Betreuung
und Erziehung/Ausbildung kommen. Zusammen decken die 766 Euro den grundlegenden
Bedarf von Kindern gemäß der Feststellung durch das Bundesverfassungsgericht [2].
Die Höhe orientiert sich somit am soziokulturellen Existenzminimum also sichere
Existenz und gesellschaftliche Teilhabe.
Genau dies ist die Anforderung an die Höhe des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Zudem ist es Allgemeingut, dass Kinder weder einer Pflicht zur Erwerbsarbeit
unterliegen sollten noch anderer Gegenleistungen erbringen müssen.
Eine Kindergrundsicherung und Altersgrundsicherung sind realistische
Möglichkeiten für ein gruppenspezifsches Grundeinkommen als erste Schritte zum BGE.
Der Entwurf des Bündnis Kindergrundsicherung sieht allerdings ein Abschmelzen mit
steigendem Einkommen der Eltern vor. Selbst dies könnte noch zur BGE Idee passen.
Das BGE ist keine „andere Sozialleistung“ sondern die lückenlose, bürokratiearme
Sicherung der Existenz und der Gesellschaftlichen Teilhabe durch Integration
von Grundsicherung ins herrschende Steuersystem. Schließlich ist das Konzept
der „Negativen Flat-Einkommensteuer“ ein klassisches BGE Modell. Ohne grundlegende
Umgestaltung der Einkommensteuer, wäre eine pauschale Zahlung der 532 E und
nachgelagertem Abschmelzen im Rahmen der Einkommenssteuererklärung der Eltern bzw.
Erziehungsberechtigten der betroffenen Kinder tatsächlich mit dem BGE-Ziel vereinbar.
Letztlich wurde dieses Modell nicht umgesetzt. Ja, es wurde gar nichts umgesetzt.
Die Angst der FDP vor zuviel Umverteilung von oben nach unten hat klar die Oberhand
bekommen. Das „zu niedrig“ bedeutet eben, das Mehrkosten im Milliardenbereich nicht
vermeidbar sind, wenn man es mit einer Kindergrundsicherung ernst meint.
Allein der Anstieg vom aktuellen Kindergeld (dass beim Bezug von Bürgeld gleich wieder abgezogen wird)
von 250 Euro auf 532 Euro ist sehr deutlich. Trotzdem hätte man durch die Zusammenlegung deutlich Bürokratie einsparen können.
Letztlich war man bei einer neuen Leistung mit Antrag bei der Familienkasse [2] und
somit eher neue und mehr Bürokratie. Insbesondere waren gut 400-800 Millionen Euro
als Verwaltungskosten veranschlagt [3].
Mit dem Ampel-Aus ist auch das erledigt. Entgegen den Beteuerungen der
Politiker wie wichtig Kinder sind, wurde nichts verbessert. Zwar wird
typischerweise wie auch jetzt gerade durch die FDP über zu viel Bürokratie
gejammert, aber die Gelegenheit mit der Kindergrundsicherheit wurde
verpasst. Solange man in seinem Denken bei den alten, eingefahrenen Muster
stecken bleibt, kann sich auch nichts ändern. Wir Sozialpiraten sind für
Innovative Lösungen. Wir hätten eine echte Kindergrundsicherung sehr
befürwortet. Schliesslich entspricht sie dem Gedanken einer sicheren Existenz und
Gesselschaftliche Teilhabe ohne Lücken und Löcher. Deswegen unterstützen wir das BGE
als eine innovative und bürokratiearme Möglichkeit. Wenigstens in Teilbereichen
wie Kindergrundsicherung oder Altersgrundsicherung ist dies unserer Meinung nach
deutlich näher an der Wirklichkeit und den Forderungen von Sozialverbänden als die
der meisten Parteien im Bundestag.
Im Gegensatz zu anderen Parteien, die wenigstens ständig von Freiheit sprechen, wollen
wir Sozialpiraten ein Freiheit und soziale Sicherung für Deutschland.
[1] https://kinderarmut-hat-folgen.de/#Unser-Konzept
[2] https://kinderarmut-hat-folgen.de/wp-content/uploads/2023/04/Konzept-KGS_01_24.pdf
[3] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gesetzentwurf-scheitert-die-kindergrundsicherung-an-der-buerokratie/29386246.html
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